
Mittels Sprengstoff lassen sich nicht nur Gebäude niederlegen, sondern Kunstobjekte schaffen. So kann beispielsweise Metall mit Explosivstoffen umgeformt werden. Das Ergebnis sind dynamische Gebilde, wie die beiden dargestellten Metallschalen zeigen. Die oben abgebildete Schale wurde aus einer Edelstahlplatte mit wenigen Gramm gewerblichem Sprengstoff umgeformt. Zuvor wurde ein Bergahornblatt mittels Sprengfolie in das Werkstück geprägt.
Die andere Metallschale wurde aus einer gebürsteten Aluminiumplatte sprengtechnisch umgeformt.
Jedes Werk stellt dabei ein Unikat dar. Denn auch selbst bei Verwendung identischer Explosivstoffmengen ergeben sich bedingt durch das Herstellungsverfahren jeweils andere Formen.

Kunst mit Sprengstoff
Der üblicherweise bekannte Einsatz von Sprengstoff erfolgt vorwiegend bei Abrissarbeiten, zur Gewinnung von Gestein oder im Tunnelbau und ist mit hohen gesetzlichen Anforderungen verbunden: Dies betrifft einmal die Ausbildung zum Sprengmeister, den Transport aber auch den Einsatz von Explosivstoffen und ihre sichere Lagerung. Aber auch die Möglichkeiten der Durchführung von Sprengungen (Sprengplatz) sind aufgrund gesetzlicher Vorgaben z. B. hinsichtlich Lärm- und Umweltschutz und einzuhaltender Sicherheitsabstände rar.
Demzufolge bleibt die Nutzung von Explosivstoffen für die Schaffung von Kunstwerken unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben ein Nischengebiet. Folglich ist die Zahl an Künstlern, die Sprengstoff für ihre Arbeit einsetzen, überschaubar. Hier wären Künstler, wie Evelyn Rosenberg (sie hat den Begriff der Detonografie erschaffen), Vhils (er sprengt Porträts in Gebäudewände) oder Roman Signer (Aktions- / Konzeptkünstler) zu nennen.
Mit der thematischen Vereinigung von Sprengtechnik und Kunst ordne ich mich gerne in diese Nische ein.

Als Inhaber einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis begeistert mich die Möglichkeit, durch gezielte Nutzung verschiedener Sprengstoffe teils unerwartete Ergebnisse zu schaffen. Hierzu setze ich neben gewerblichen Sprengstoffen auch plastischen Sprengstoff (im Volksmund auch Plastiksprengstoff genannt) wie Semtex oder PETN, ein. Damit lassen sich Metalle trennen, umformen oder selbst haarfeine Strukturen dauerhaft in Metalloberflächen abbilden.
Mein Anspruch: Die Schaffung von Kunstwerken basierend auf der Synergie von Explosion und Struktur.
David Domjahn
Beständige Dynamik
Die Anwendungsart des Sprengstoffs und seine Menge bestimmt den Charakter der entstehenden Struktur.
Mit dieser Interaktion z. B. von Metall als Symbol der Beständigkeit, Stabilität und Härte auf der einen Seite und Sprengstoff als Sinnbild von Zerstörungskraft auf der anderen Seite lassen sich Ergebnisse unterschiedlicher Art schaffen.
Schaffung
von Neuem

Das sind rund 100 Tonnen pro Quadratzentimeter entstehende Kraft, welche Metalle verformt oder sogar haarfeine Strukturen in Metalloberflächen überträgt, wie dieses in Stahl geprägte Laubblatt zeigt.

Werke
Die folgende Aufstellung stellt eine Auswahl meiner Werke dar.
Die Teilung der Gesellschaft

Wie steht es um unsere Gesellschaft? Schien vor einiger Zeit unser Wertesystem noch intakt, werden seitdem Grenzen des Sagbaren enger gezogen. Die Lust am Diskurs verarmt. Gegenteilige Positionen, die nicht dem eigenen Weltbild entsprechen, werden als Angriff auf die eigene Identität gewertet. Auf dem einst belebten, freien Marktplatz der Ideen, welcher viele Jahre Grundvoraussetzung des Erfolges unserer noch führenden Wirtschaftsnation war, scheint zunehmend Stille einzukehren: Menschen entfremden sich voneinander, flüchten in die Gemeinschaft Gleichgesinnter und entfremden sich von Staat und Demokratie.
Doch war unsere Gesellschaft überhaupt jemals vereint oder sind die Brüche nur sichtbarer geworden? Geht die Fähigkeit des Konsenses oder auch des Kompromisses – Basisvoraussetzung der Demokratie und Garant für Sinnstiftendes – zunehmend verloren?
Eine Gesellschaft, in der völlige Einheit herrscht, ist utopisch und langweilig. Doch der Trend der letzten Jahre zeigt eine sichtbar werdende mehrfache Fragmentierung auch aufgrund wachsender Ungleichheit.
Wenn Fronten verhärten, sich unversöhnlich gegenüberstehen und damit eine zunehmende Teilung der Gesellschaft stattfindet, erodiert jedoch die Demokratie.
Die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft im fortgeschrittenen Vergleich auch in anderen Ländern soll durch die Installation verbildlicht werden: Vier Stahlträger stehen für Stärke und symbolisieren gesellschaftliche Stabilität und Beständigkeit. Während der erste Eisenträger unbeschädigt ist, findet in zeitlicher Abfolge ein sukzessives Auseinanderreißen der anderen Säulen statt.
Die Risslängen stehen dabei im Verhältnis des Goldenen Schnittes mit innerer Teilung zueinander und versinnbildlichen den empfundenen Grad der Zerrissenheit einer Gesellschaft wie sie z. B. in Deutschland zu beginnen scheint und aktuell in Russland weit fortgeschritten ist.
Nur in der Ukraine scheint die Bevölkerung geeint zu sein, ihre Kraft vereint in den Widerstand zur Verteidigung ihres souveränen Staates gegen die russische Invasion einzusetzen.
Herstellung:
Mittels Sandstrahlverfahren wurde die sogenannte Walzhaut von jedem Meterstück entfernt und die Stahlträger lackiert. Hochbrisanter Sprengstoff in Form von Schneidladung (53 Gramm Sprengstoff RDX pro Meter Sprengladung) trennte den rund 10 Millimeter starken Steg der Doppel-T-Träger im Bruchteil einer Sekunde. Neben der gewünschten Rissbildung sorgte der Druck der Explosion zudem für das Auseinanderdriften der sich bei der Trennung bildenden Hälften.
Metamorphose in die Unvergänglichkeit
Ein auf eine Kupferplatte gelegtes Brombeerblatt wird mit Sprengfolie überdeckt und diese zur Explosion gebracht. Hierdurch wird das Blatt in die Metalloberfläche derart übertragen, dass selbst die feinen Faszikel der Blattstruktur auf dem Werkstück abgebildet werden. Es handelt sich hier nicht um eine Prägung im klassischen Sinne; denn durch die Struktur des zwischen Werkstück und Sprengstoff gelegten Blattes wird die gleichmäßig verlaufende Explosionsfront durch die Blattstruktur “gestört”, so dass das Blatt erhaben im Material mit überraschend detaillierter Präzision erscheint.
Die innerhalb des Bruchteils einer Sekunde stattfindende Explosion der Sprengfolie zerstört das Laubblatt vollständig. Diese abrupt herbeigeführte Beendigung seines Naturseins mündet gleichzeitig in dauerhaft bewahrter totemischer Verschmelzung von Vergänglichem und Werkstück und manifestiert den Wunsch nach Beständigkeit und Ewigkeit des Daseins.
In der hier dargestellten Tetralogie werden einzelne Schritte der Metamorphose von Vergänglichkeit in Beständigkeit gezeigt – angefangen von einem Brombeerblatt, welches auf das Werkstück (Kupferplatte) aufgelegt ist, den Zustand nach der Sprengung bis zu seiner dauerhaften Verewigung in (s)eine glänzende Zukunft.
Vier Einzelbilder (Höhe / Breite / Tiefe: 39 x 37 x 3 cm), Detailansicht des vierten Bildes mit Teilverchromung der Sprengprägung:

Feuerschale 95

Sprengstoff formte aus einem Stahlblech eine Feuerschale, welche durch vier behauene Sandsteinfüße getragen wird. Durch die Verwendung von Sand als Druckübertragungsmedium zwischen Sprengstoff und Werkstück führt die Explosion nicht zu einer Zerstörung des Metalls, sondern mündet in seiner Umformung. Dieses Prinzip gelingt sogar mit zentimeterstarkem Stahl.
Die hierbei entstehenden Unikate zeichnen sich durch organische Wölbungen als augenfälliges Merkmal aus. Die Sockel aus Sandstein, welche im selben Steinbruch geschaffen wurden, in dem auch die Umformung der Stahlplatten stattfand, schaffen eine Abgrenzung zwischen Feuer und Erde.
Eine weitere zukünftige Gestaltung der Metalloberfläche wird Witterung und Feuer überlassen und verändert sich daher im Laufe der Zeit durch Korrosionsvorgänge.
(Höhe / Breite / Tiefe: 40 x 95 x 95 cm)


Durchbruch
Mühelos scheint ein Bohrer anfangs Holz und dann eine massive Metallplatte zu durchdringen. Mit der Installation Durchbruch soll versinnbildlicht werden, dass Erfolg eine beständige Kontinuität auch in unterschiedlichen Situationen – seien sie leicht (Holz) oder schwer (Metall) – einen immer fortwährenden Vorgang darstellt, durch den dem eigenen Tun und Schaffen eine entscheidende durchgehende Richtung bis hin zum Durchbruch gegeben wird.
Der Durchbruch in der Stahlplatte (250*250*12 mm) wurde mit plastischem Sprengstoff im Hohlladungsprinzip hergestellt. Hierfür kamen rund 250 Gramm hochbrisanter Explosivstoff zum Einsatz.
(Höhe / Breite / Tiefe: 70 x 38 x 36 cm)


Freiheit aushalten!
Freiheit bedeutet, ohne Zwang zwischen vielen verschiedenen Möglichkeiten auszuwählen und entscheiden zu können, so lange dadurch nicht die Rechte anderer beeinträchtigt werden. Hierbei darf kein Mensch aufgrund von Abstammung, Religion oder weltanschaulichen Vorurteilen ausgegrenzt werden. Dies ist eine Verpflichtung für die Zukunft: nicht nur aus der Verantwortung gegenüber unserer Geschichte, sondern auch im Bewusstsein für die Würde aller Menschen und der Notwendigkeit, der Freiheit ein dauerhaftes Fundament zu geben. Denn Pluralität und Meinungsfreiheit sowie Freiheit der Kunst zeichnen unsere liberale Gesellschaft aus.
Die mittige Zerstörung des “Freiheit aushalten”-Schildes soll den Betrachter anregen, seine durch europäische Rechte verbriefte Freiheit zu reflektieren und sich bewusst zu machen, dass Freiheit hart erkämpft wurde und zurückblickend auf die Geschichte nicht selbstverständlich ist.
Die Kraft durch detonative Umsetzung von nur einem Gramm Sprengstoff in Form eines Sprengzünders, welcher rückseitig an der zwei Millimeter starken Metallplatte angebracht wurde, reichen aus, um den Drang nach Freiheit zu visualisieren bzw. der Beendigung des Zustandes ihres Aushaltens eine Form der Dynamik zu verleihen. Das Aluminiumschild wurde zuvor im Untereloxaldruckverfahren hergestellt, d. h. seine Beschriftung ist dauerhaft und unverwüstlich.
(Höhe / Breite / Tiefe: 38 x 46 x 7 cm)

Rund 1/2
Ein zuvor intakter 50-mm-Stab aus massivem Stahl wurde sprengtechnisch mittels Schneidladung der Länge nach halbiert.
Mit der freiwerdenden Kraft des Sprengstoffs wurde der Rundstahl durchgeschnitten. Eine Hälfte ließ sich nach der Sprengung nicht mehr auffinden und bleibt damit verloren. Die verbleibende Hälfte zeigt keine glatte Schnittfläche, sondern als Folge der enormen Kraftein¬wirkung der Explosion eine raue Struktur, welche sich mit dem Kupfer der Ummantelung der Schneidladung vereinigt. Eine solche Zerklüftung mit konzertierter Verschmelzung von Stahl mit Kupfer lässt sich nur auf diese Weise realisieren.
(Höhe / Breite / Tiefe: 5 x 33 x 6 cm)



Zusammenhalt
Was zeichnet eine Gesellschaft aus? Der oft dazu synonym gebrauchte Begriff der „Gemeinschaft“ wurde zum ersten Mal 1887 von Ferdinand Tönnies in seiner soziologischen Arbeit verwendet. Dabei griff er auf die Evolutionstheorien von Thomas Hobbes und Georg Friedrich Wilhelm Hegel zurück. Bis heute gibt es keine eindeutige Definition, auf die sich alle Wissenschaften einigen können.
Alle Philosophen sind sich jedoch einig, dass eine Gesellschaft nur funktionieren kann, wenn ihre Bürgerinnen und Bürger friedlich und respektvoll zusammenleben, d. h. die Gesellschaft als enges Geflecht von zwischenmenschlichen Verbindungen und Gruppenverhältnissen als Gemeinwesen akzeptieren.
In dem Werk „Zusammenhalt“ wurde ein Stück Stoff als Symbol des Geflechtes zwischenmenschlicher Verbindungen in eine Edelstahlplatte sprengtechnisch übertragen, um dort verewigt zu bleiben.
(Höhe / Breite / Tiefe: 38 x 36 x 3,5 cm)


Medienecho
Artikel In Luxemburg Harmonie, in anderen Ländern Spaltung, Luxemburger Wort vom 02.06.2022
Artikel Diese Kunstwerke sprengen jeden Rahmen, Badische Neueste Nachrichten vom 17.10.2020
Explosivstoffe und Recht
Alle Arbeiten wurden mittels Sprengstoff im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (Sprengstoffgesetz) hergestellt und sind frei auch von Spuren von Explosivstoffen.
Impressum und Kontakt
David Domjahn
Zunftstr. 12c
D-76227 Karlsruhe
Tel. +49 (0) 721 946580
E-Mail: david@domjahn.eu
USt.-IdNr. DE15818011
Zuständige Aufsichtsbehörde für die sprengstoffrechtliche Erlaubnis
gemäß § 7 SprengG bzw. Befähigung gemäß § 20 SprengG:
Stadt Karlsruhe
Polizeibehörde
Kaiserallee 8
76133 Karlsruhe